Korat, eine kleine Übersicht

Unser Korat. Hier und in der näheren Umgebung leben viele deutschsprachige Aus- und Umsiedler. Unsere Leser in der alten Heimat werden sich über unsere Berichte freuen. Wer Korat nicht kennt, findet es auf keiner Landkarte und auch nicht bei Google Earth, denn sie heißt offiziell Nakhon Ratchasima, weil sie die Hauptstadt dieser größten Provinz im Isaan ist, die den gleichen Namen trägt.
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koratwerner (†2012)
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Korat, eine kleine Übersicht

Ungelesener Beitragvon koratwerner (†2012) » Sa Aug 09, 2008 8:53 am

Heute ist Mittwoch, der 20. Juni 2007. Zwar habe ich keinen Kalender, doch der PC zeigt mir automatisch das Tagesdatum und die Uhrzeit an. Eine Armbanduhr trage ich schon lange nicht mehr und die Wohnzimmeruhr ist in Deutschland geblieben. Warum sollte ich mich auch in Thailand noch von einer Uhr versklaven lassen? Seit dem ich in Thailand bin, lebe ich mehr oder weniger zeitlos.

Hier ist man näher am Äquator, als in Deutschland. Thailand liegt etwa auf den Breitengraden, wie Somalia in Afrika. Das wirkt sich natürlich auf die Tageslänge aus. Im Sommer wird es gegen 5.30 Uhr hell und nach einer kurzen Dämmerung steigt die Sonne über den Horizont. Abends verschwindet sie dann gegen 18.15 Uhr und gegen 18.45 wird das Licht eingeschaltet. Im Winterhalbjahr verschiebt sich der Sonnenaufgang und Untergang vielleicht um 45 Minuten. Viel weniger, als in Deutschland.

Die Tage und Nächte sind hier zu jeder Jahreszeit fast gleich lang. Man kennt hier auch keinen Sommer oder Winter. Es ist immer warm. Zwar kühlt es sich infolge der wechselnden Monsunwinde vom November bis zum Januar etwas ab, doch das hat auf einen Europäer bedeutend geringere Auswirkungen, als auf die Einheimischen. Sinkt die Temperatur unter 25 Grad, zittern die Thais vor Kälte, wohingegen die hier lebenden Europäer dann auch tagsüber richtig aufblühen können. Ab Februar wird es dann hier im Isan, in den nordöstlichen Provinzen Thailands, wieder richtig warm, wenn nicht gar schon heiß. Die von den Ausläufern des Himalajas gekommenen trockenen Winde werden jetzt von dem, ab etwa Mai nennenswerten Regen bringenden, Südwestmonsun abgelöst.

Wer es sich von den Europäern leisten kann, fliegt etwa im März in sein Heimatland, um da den Frühling und Sommer über im gemäßigten Klima zu leben. Wenn es in Deutschland dann im Herbst kalt und neblig wird, kommen die Pendler wieder zurück um hier zu überwintern. Oft sind die Pendler ältere Männer und manche von ihnen sind schon etwas gebrechlich. Besonders Rheumatiker fühlen sich dann in dem warmen Klima Thailands besonders wohl und können oft ihre Schmerzmedikamente absetzen.

Die Europäer, die hier dauerhaft oder als Pendler wohnen, sind hier oder waren hier in der Regel mit einer thailändischen Frau aus dem Isan liiert. Trotz des großen kulturellen Unterschiedes fühlen sie sich hier wohl. Sogar denjenigen gefällt es, die meist aus finanziellen Gründen ganzjährig hier leben müssen oder wegen ihrer schulpflichtigen Kinder nicht über eine längere Zeit verreisen können.

Manchmal vermisse ich hier etwas. Was? Genau genommen weiß ich das noch nicht einmal zu sagen. Vielleicht ist es im Unterbewußtsein nur ein Hauch von Angst, die alte Heimat nie mehr wieder zu sehen, der dieses Gefühl aufkommen lässt. Deutschland? Ich habe 64 Jahre in Deutschland gelebt und mich und meine Familie mehr oder weniger gut über Wasser gehalten. Meisten weniger gut. Zumindest was die finanzielle Seite anbetrifft lebe ich jetzt zum ersten male in meinem Leben fast sorglos.

Am Anfang meines Hier seins war das nicht so. Da wurde ich nicht nur von meiner thailändischen Exfrau und deren Familie, sondern auch von einem deutschen Landsmann kräftig ausgenommen. Doch davon später.

Fast sorglos, das heißt nicht, dass ich Tag für Tag so viel Geld ausgeben kann wie ein Tourist, der ein ganzes Jahr über gespart hat und seine Urlaubskasse in zwei oder drei Wochen generös auf den Kopf haut. Generös? Zumindest wenn die allein stehenden männlichen Besucher aus Europa hier in die Touristenorte einfallen, sind sie fast immer generös und das ganz besonders zu den Töchtern des Landes, die überall mit erwartungsvollen Blicken darauf lauern, dem erlebnishungrigen Urlauber auch nächtens zu Diensten zu stehen.

Da die Touristen Geld ins Land bringen, sind sie gerne gesehen. Leider wirkt sich das in den Urlaubsgebieten auf die Lebenshaltungskosten aus. Viele der sich hier zu besseren Zeiten angesiedelten Ausländer stöhnen. Ihnen schwinden die finanziellen Reserven und manchen Rentner zwingt der ungünstiger gewordene Wechselkurs zu einen verflixt niedrigen Lebensstandart. Sie träumen dann von einer Abwertung der Landeswährung und einer äquivalenten Rentenerhöhung, die nicht in Sicht ist.

Im Isan lebt man derteit etwa 20 Prozent preiswerte, als in den Touristengebieten. Das ist der Grund, warum ich auf ein Leben in der Nähe eines endlosen weißen Palmenstrandes am blauen Meer verzichtet habe.

Hier in der Stadt Nakhon Ratchasima, die umgangssprachlich Korat genannt wird, gibt es bislang nur wenige europäische Touristen. Meistens sind das Männer, die mit einer Thailänderin verheiratet sind. Da die meisten dieser Frauen aus dem Isan stammen, wollen die natürlich im Urlaub mit ihrem Mann und den Kindern ihre Eltern und Verwandten besuchen. Ein Abstecher nach Korat oder einer anderen der wenigen großen Städte im Isan, ist dann eine willkommene Abwechselung.

Und überhaupt. Die schönen Euro sind nach Meinung der Thai-Ehefrauen bei ihrer Familie im Isan gut angelegt. Viel besser, als wenn es für teuere Hotels und Restaurants in den Touristenzentren ausgegeben wird. Außerdem, doch darüber spricht die Thaifrau mit ihrem Göttergatten nicht, macht sie mit dem Geld ihres Mannes Tam buun. Sie tut damit gutes für ihre Familie. Nach der buddhistischen Lehre ist Tam buun die Voraussetzung für ein besseres Dasein im nächsten Leben. Doch davon später mehr.

Vor 10 Jahren gab es noch kaum einen Ausländer hier in Korat. Die ersten, die sich hier nieder ließen waren GIS, die zu Zeiten des Korea- und Vietnamkrieges hier stationiert waren und Land und Leute kennen und lieben gelernt haben. Später kamen dann die ersten Rentner, die nicht mit ihren thailändischen Frauen in dem Dorf deren Familie leben wollten und sich deshalb in oder am Rand dieser bereits gut entwickelten Metropole niederließen.

Vor 2 ½ Jahren bin auch ich hier gelandet und nach und nach kommen immer mehr Europäer hier her. Sogar bisher in den Touristenorten lebende Ausländer siedeln sich jetzt hier an. Sie siedeln um, weil es ihnen da zu teuer geworden ist oder weil sie einfach den tag täglichen Rummel entfliehen wollen. Manchen ist dort auch der Boden zu heiß geworden und sie hoffen, dass ihnen hier ein Neuanfang gelingt.

Korat soll angeblich die zweitgrößte Stadt in Thailand sein. Die Zahl der Einwohner liegt je nach Quelle zwischen 150.000 bis 250.000 tausend Menschen. Da es in Thailand keine Meldepflicht gibt, kann das eben nicht ganz genau festgestellt werden. Das ist ja auch eigentlich nicht so relevant. Die Hauptsache ist doch, dass man sich gut aufgehoben fühlt.

In Korat und in seinem Umland leben viele Menschen. Das hat dazu geführt, dass sich nicht nur Industrie in diesem ansonsten strukturschwachen Gebiet, sondern auch einige gute Kaufhäuser und Supermärkte angesiedelt haben. An vereinzelten Stellen hat Korat sogar so etwas wie einen westliches Großstadtflair. Doch dieser Eindruck täuscht. Hier ist es lange nicht so, wie beispielsweise in Bangkok. Zwar gibt es zu den Hauptverkehrszeiten auch hier Stopp and Go Verkehr, doch teuere Amüsier-, Flanier- und Shoppingmeilen sucht man erfreulicherweise vergeblich.

Doch keine Sorge, in Korat gibt es (fast) alles, was man zu Leben benötigt. Doch man muss es suchen. Wenn man dann auch noch wenig Kontakt zu Einheimischen oder alten Hasen hat, dann sucht man oft vergeblich. Mai pen Rai, sagen die Thai, macht nichts bedeutet das und es macht doch wirklich nichts aus, wenn das Bier aus Deutschland ausverkauft ist. Wenn man durstig ist, dann schmeckt auch jeder thailändische Gerstensaft und sogar das allgegenwärtige Heinecken.

Es ist jetzt 18 Uhr. Jäh halte ich beim Schreiben inne. In jedem Radio- und Fernsehrsender ertönt, wie jeden Tag auch um 8 Uhr früh, die Nationalhymne Thailands. In allen öffentlichen Gebäuden verstummt jetzt jedes Gespräch und die sitzenden Menschen erheben sich. Ältere Deutsche, die das Dritte Reich noch kennen gelernt haben, denken unwillkürlich daran, den rechten Arm ausgestreckt zu erheben, wie das damals beim Erklingen der Nationalhymne Vorschrift war. Stattdessen nehmen die Thais beim Erklingen ihrer Hymne Haltung an. Morgens stehen sie sogar vor den öffentlichen Gebäuden stramm, denn dann wird beim Klang der Hymne die Nationalflagge aufgezogen. Sogar in den Schulen stehen die Kinder dann vom Nationalstolz ergriffen in hab Acht Stellung vor dem Fahnenmast und singen den Text ihrer Hymne.

Als ich das erste Mal diese Nationalhymne in Thailand hörte, die von den Thailändern Phleng Chat genannt wird, dachte ich, deutsche Marschmusik zu hören. In der Tat, die Melodie ähnelt wirklich unseren schönen alten deutschen Märschen.

Seit dem 10 Dezember 1939 erklingt diese Melodie, die von dem deutschstämmigen Peter Feit, dem thai-ländischen Sohn des deutschen Emigranten Jakob Feit und königlichem Beauftragten für Musik kompo-niert wurde. Das Talent zum Komponieren hatte Peter Feit von seinem Vater geerbt, der seit 1867 als Instrukteur der Königlichen Musikkapelle in Thailand tätig war.

Den Thailändern wird allerdings nichts davon überliefert, dass ihre schöne Hymne von einem Deutsch-stämmigen komponiert wurde, der nach dem Tode seines Vaters einen thailändischen Namen annahm und am Königshof zu hohen Ehren gelangte. Die Thailänder wundern sich allerdings und sind erstaunt darüber, dass ihre Hymne zwar wunderschön in ihren Ohren klingt, doch ganz und gar keine Ähnlichkeit mit ihrer sonstigen Musik hat und auch nicht mit ihren überlieferten Instrumenten gespielt wird.

Während ich das schreibe, haben dunkle Wolken den Himmel über Korat verfinstert und drohender Donner kündigt das Nahen eines Gewitters an. Don, die schon bald 30 Jahre in Korat lebt, ist schon vor einer halben Stunde mit dem Motorrad ins Stadtzentrum gefahren. Hier betreibt sie mit ihrer Tochter Bo einen Straßenhandel. Sie verkaufen Modeschmuck. Don hat das kommende Unwetter geahnt. Deshalb ist sie los und packt so schnell wie möglich gemeinsam mit ihrer Tochter ihre wasserempfindlichen Kostbarkeiten in Plastikkisten. Die Zeit hat gerade noch gereicht. Das dreirädrige Tuk Tuk fährt vor und beim einsetzenden Regen werden die Schätzchen und der kleine Verkaufsstand flink abgeladen.

Don ist völlig durchnässt. Nicht nur von dem einsetzenden Regen, sondern auch vom Angstschweiß. Don ängstigt sich oft. Besonders, wenn ein Gewitter tobt und in unmittelbarer Nähe die Blitze herunter kom-men, dann steht ihr der Angstschweiß auf der Stirn. Fa Pa wird der Blitz genannt und Fa Pa ist ein böser Geist, der die Menschen töten kann. Don stammt aus einem kleinen Dorf im Isan. Da glauben die Menschen noch kritiklos an die alten Naturgeister aus der vorbuddhistischen Zeit. Ich hab einmal versucht ihr zu erklären, was es mit Blitz und Donner auf sich hat. Vergeblich, sie glaubt an die alten Überlieferungen und da kann auch keine Aufklärung was gegen machen.

Während sie duscht, klingelt ihr Handy. Sie hat Angst das Gespräch anzunehmen. Draußen auf dem Land sind in ihrem Heimatdorf zwei Menschen vom Blitz getötet worden, weil sie beim Gewitter telefoniert ha-ben. Das soll ihr nicht passieren. Doch ihre weibliche Neugier trägt schließlich den Sieg davon. Bo ist es, die anruft. Sie hat sich im Stadtzentrum bei dem jetzt heftig strömenden Regen untergestellt. Sie trägt nur ihre leichte Sommerkleidung und die Regenkleidung ist nicht unter der Sitzbank ihres Motorrades, sondern in einer der vielen Kisten, die Don soeben abgeladen hat.

Don schimpft wie ein Rohspatz doch dann siegt die Mutterliebe. Flink huscht sie in trockene Klamotten, sucht die Regenkleidung der Tochter und ich fahre sie mit dem Pik Up in die Stadt, wo Bo sehnsüchtig auf uns wartet. Ich muss grinsen, denn Mutter und Tochter sind sonst, im Gegensatz zu anderen Thai, sehr umsichtig und Don ärgert sich mehr über die Panne, als darüber, dass sie bei diesem Wetter noch einmal raus muss.

Noch mehr ärgert sie sich, als der Regen genau so schnell wieder aufhört, wie er gekommen ist. Doch da sie eine Frohnatur ist, lacht sie schon nach wenigen Minuten wieder und widmet sich nun eifrig ihrem Abendessen.

Ihr Abendessen besteht genau so wie die anderen drei bis vier Mahlzeiten, die sie tagsüber verzehrt, aus Reis, einem Büschel Kräuter und Chilipaste. Fleisch oder gebratenen Wurst kann, muss aber nicht sein. Im Restaurant isst sie mit Löffel und Gabel, wobei die Gabel dazu dient, die Speisen auf den Löffel zu schieben. Sie kann auch so wie wir elegant mit Messer und Gabel essen. Na ja, das ist etwas übertrieben, sie lernt es noch. Zuhause jedoch und wenn wir ihre Familie besuchen, dann wird alles mit der rechten Hand in den Mund geschoben. Bei der Familie hocken dann alle im Kreis auf einer Matte. Jeder greift sich etwas klebrigen Reis, formt ihn zu einer kleinen Kugel und schiebt diese in den Mund. Dann werden einige Kräu-ter ebenfalls zu einer Kugel zusammengelegt, in ein Schälchen mit Chili getunkt und auch zu dem Reis in den Mund geschoben. Muss ich noch erwähnen, dass dabei mit vollem Mund ohne Unterlass geschwatzt und geschmatzt wird? Nur so macht das Essen Sanuk, macht Spaß, verdolmetscht mir Don.
Es ist nicht schwer zu wissen wie man etwas macht,
aber es ist schwer es auch zu tun!

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