Denken, eine Sache des Lernens

Tips, wie man als Neuankömmling in Thailand und im Isaan besser zurecht kommen kann; Erfahrungsberichte
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koratwerner (†2012)
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Denken, eine Sache des Lernens

Ungelesener Beitragvon koratwerner (†2012) » Sa Aug 09, 2008 11:03 am

Manchmal fahre ich von Korat aus in die ländlichen Gebiete des Isan. Ein Ausflug ins Grüne, sagten meine Eltern, wenn wir damals in Deutschland eine ähnliche Tour unternahmen.

Trotz der schon über hundert Jahre früher einsetzenden Industrialisierung, war Deutschland in den 50ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts noch über weite Strecken nur von der Landwirtschaft geprägt. So wie ich es jetzt in Thailand erlebe, sprach man in den Städten und selbst in den kleinen Dörfern, in denen eine Kleineisenindustrie Fuß gefasst hatte, von den dummen und ungebildeten Bauern, wenn man von der, von der Agrarwirtschaft leben Bevölkerung sprach.

Alle Industriearbeiter, Angestellte, Beamte, Handwerker und natürlich auch die Unternehmer verdienten mehr Geld, als die Bauern, verdienten es im 8 oder 10 Stundentag und konnten zum Teil ihre Kinder in die Realschulen und Gymnasien in der nächsten Stadt schicken. Fehlte das das Grundwissen oder das Geld dazu, konnten die Kinder nach Beendigung der 8 jährigen Schulzeit zumindest einen Beruf erlernen.

Die Kinder der Bauern dagegen waren schon früh in den landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Eltern eingebunden und da der Broterwerb jahreszeitlich von der Bestellung der Felder und der Ernte abhängig war, war der Besuch der kleinen Dorfschulen von untergeordneter Bedeutung.

Das war vor ungefähr 60 Jahren. Wenn ich jetzt hier im Isan meine deutschen Freunde auf dem Land besuche, fühle ich mich manchmal in meine Kindheit zurück versetzt, denn hier treffe ich sehr oft auf ähnliche Lebensbedingungen. Hier wird auch der Rhythmus des Lebens weitgehend von der Bestellung der Felder und der Ernte bestimmt. Dementsprechend ist der Stellenwert der Schulen, denn was die Menschen hier zum Leben brauchen, lernen die Kinder von ihren Eltern.

Entsprechend der Lebenserfahrung ihrer Eltern ist der Lerneifer der Kinder und dementsprechend vermute ich, wird auch die fachliche Qualität des Lehrpersonals sein. Bei der hohen Geburtsrate im Isan, die viele junge Leute zur Landflucht zwingt, weil der vorhandene Grund und Boden nicht ausreicht, um allen hier heranwachsenden Kindern Arbeit und Nahrung zu geben, ist dieser Zustand äußerst bedauerlich.

Wenn auch nicht wie in diesem Maße, hatten wir in Deutschland während der letzten Nachkriegszeit und nach den Erzählungen meiner Eltern und Großeltern auch bereits 50 und mehr Jahre früher ähnliche Probleme. Mit Einsetzen der Industrialisierung wurden Arbeitskräfte benötigt, meistens billige Arbeitskräfte, die in der Stahlindustrie, im Bergbau und im aufblühenden Baugewerbe dringend benötigt wurden. Billige Arbeitskräfte ist gleichbedeutend mit ungelernten Arbeitskräften, die aus der wenig gebildeten Landbevölkerung rekrutiert wurden.

Ungeachtet der kulturellen und religiösen Unterschiede zwischen dem damaligen Deutschland und dem heutigen Thailand, treffen wir hier also auf vergleichbare Zustände. Von der industriellen Wirtschaft und den Dienstleistungsunternehmen werden gering zu entlöhnende Arbeitskräfte benötigt, die nur in der Masse der wenig gebildeten Landbevölkerung zu finden sind.

Ob die Regierung dieses Landes innerhalb ihres Bildungswesens diesem Umstand entgegen kommt, inwieweit die Religion die Mentalität der Menschen prägt und das allgegenwärtige Patriarchentum des Königshauses eine wesentliche Rolle spielen, ist von nachrangiger Bedeutung. Primär ist es für ein sich industriell entwickelndes Land, das in dieser Zeit der weltweiten Globalisierung mithalten will, genügend Arbeitskräfte zur Verfügung zu haben.

Wurden in früheren Zeiten die Wälder gerodet um der stetig wachsenden Landbevölkerung eine Erwerbsquelle zu sichern, ist das heute nicht mehr möglich. Deshalb muss die Industrialisierung beschleunigt werden, damit zukünftig genügend Arbeitsplätze vorhanden sind. Alternativ könnte man den Geburtenüberschuss drastisch verringern, was jedoch bedeuten würde, eine Grundversicherung für die nicht mehr arbeitsfähigen alten Menschen einzuführen, eine gewaltige Aufgabe, die das Wirtschaftswachstum stark beeinträchtigen würde.

Und dann kommen die klugen Farang und behaupten, die Thais brauchten nur mehr zu lernen und effektiver zu arbeiten, dann würden sich die Probleme von selber lösen.

Sicher hat es sich gezeigt, dass in den westlichen Industrienationen bei steigender Bildung die Geburtenrate sinkt und vorübergehend sogar ein annähernd soziales Gleichgewicht zwischen Arm und Reich besteht. Wie sich jedoch in den letzten Jahren gezeigt hat, ist Reich reicher geworden und Arm ist ärmer geworden. So gesehen kämpfen auch in den Industrienationen trotz einer guten Bildung die Armen fast genau so recht und schlecht ums Überleben, wie in den Entwicklungs- und Schwellenländern dieser Welt. Nur mit dem Unterschied, dass selbst der Dümmste den Weg zum nächsten Sozialamt kennt.

Da wir gerade bei der Dummheit sind, Thailänder sollen einen durchschnittlichen Intelligenzquotient von 85 haben, wohingegen dieser in Deutschland 105 beträgt. Woher diese Behauptung stammt, ist nicht feststellbar. Auf jeden Fall ist zu bezweifeln, dass es sich um keine wissenschaftlich fundierte Aussage handelt.

Was ist der Intelligenzquotient? Wikipedia schreibt dazu: Der Intelligenzquotient (IQ) ist eine Kenngröße zur Bewertung des allgemeinen intellektuellen Leistungsvermögens (Intelligenz). Als Quotient vergleicht er eine Person mit dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Die Werte sind keine Prozentangaben. Die IQ-Skalen beruhen auf der Normalverteilung der Werte einer getesteten Population. Hierbei erhält der Mittelwert der Verteilung den Zahlenwert 100. Die Standardabweichung beträgt in der Regel 15 IQ-Punkte.

Das Thailänder dümmer sind, als andere Völker und Rassen stimmt absolut nicht. Alle Mitglieder der Art Homo Sapiens verfügen über die immer gleiche Verteilung des IQ - unabhängig von Rasse, Aussehen oder Geschlecht. Also wenige gering intelligente. Sehr viele normal Begabte. Wenige Superintelligente.

Nur der Bildungsstandard der Thailänder, insbesondere der Landbevölkerung, ist geringer als in den westlichen Industrieländern. Da hier jeder Intelligenztest auch auf Wissen, also Bildung beruht, sagt er sehr wenig über die reine Intelligenz eines Menschen aus. Einer dieser Intelligenztests ist deshalb nicht in einem völlig anderen Kulturkreis anwendbar.

Im Archiv von Thailand Community habe ich in diesem Zusammenhang folgenden Artikel gefunden:

Thailands Regierung fürchtet um Klugheit des Nachwuchses
Studie: Intelligenzquotient der Kinder gesunken

Bangkok, pw/tw (AFP) - Thailand fürchtet um die Intelligenz seines Nachwuchses. Seit 1996 sei der durchschnittliche Intelligenzquotient thailändischer Kinder um drei auf 89 Punkte gesunken, wie eine Studie im Auftrag des Gesundheitsministeriums in Bangkok herausfand. Normal sei hingegen ein Wert zwischen 90 und 110 Punkten. Studienleiterin Chanpen Choprapawan führte die Abwärtsentwicklung auf geistige Unterforderung der Kleinen zurück: Kinder sollten nicht einfach vor dem Fernseher oder dem Computer ruhig gestellt werden.

Die intellektuelle Entwicklung in den frühen Lebensjahren sei besonders wichtig, weil sich das Wachstum des Gehirns ab dem sechsten Lebensjahr verlangsame. Für die Studie waren 12.000 Kinder zwischen einem Jahr bis ins Teenageralter untersucht worden.

Soweit dieser Bericht. Was hier nicht zum Ausdruck kommt, ist die Tatsache, dass nicht nur das Gehirn bis zum sechsten Lebensjahr sehr schnell wächst, sondern auch, dass sich nur während dieser Jahre die funktionelle Fähigkeit des menschlichen Gehirns bildet. Das ist in etwa vergleichbar mit einem Verbrennungsmotor, der während der ersten Gebrauchphase nur sehr vorsichtig und langsam eingefahren wurde. Später wird er nie seine volle Leistung erreichen und wenn er trotzdem zur Höchstleistung gefordert wird, läuft er heiß und streikt.

Thailändische Kleinkinder bleiben sich oft selbst überlassen und lernen es nicht spielerisch Probleme zu lösen. Dagegen lernen sie ihren aufkommenden Willen mit Trotz und Heulerei durchzusetzen. Wenn nicht die Mutter, dann ist es die liebe Oma, die den verzogenen Gören ihren Wunsch erfüllt. Ein Farang, der seinem Kind Grenzen aufzeigt und ihm Erfolgserlebnisse mittels mühsamen Lernens vermitteln will, stößt bei den Thais auf Unverständnis und wird als herzlos bezeichnet.

Wenn überhaupt, wird es Generationen dauern, bis in Thailand ein Umdenken erfolgt und die Funktionsfähigkeit des Gehirns der kleinen lieben Monster geschult wird. Bis dahin wird es den Thais schwer fallen im späteren Leben selbst kleine Probleme eigenständig zu lösen. Stattdessen werden sie selbst beim Auftreten von banalen Situationen überfordert sein. Um sich zu schützen schaltet ihr Gehirn dann automatisch auf die Sparflamme der Wachstumszeit zurück und wir Farang wundern uns, dass sie sich vorübergehend so störrisch und eigensinnig wie wirkliche Kinder verhalten.

Wer länger hier in Thailand lebt und gar mit einer Tochter des Landes verheiratet ist, kennt diese Situationen und steht oft vor einem Rätsel. Thais haben es in ihrer Kindheit nicht gelernt zu denken und Probleme zu lösen. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Wenig gebildete Thais können im Zusammenhang mit Problemlösungen nicht denken. Dafür sind sie mit viel handwerklichem Geschick in der Lage scheinbar spielerisch erfolgreich zu improvisieren. Wenn also ihr Gehirn nicht mit einer ihm unbekannten Situation überfordert wird und streikt, sind die Thais durchaus in der Lage kleine Probleme anzufassen oder sie verdrängen diese.

Gar mancher hier in Thailand lebender Farang, der seine Partnerin liebt und der auch von ihr geliebt wird, wundert sich immer wieder, wie schnell sie in manchen Situationen zu einem kleinen Monster wird und ahnt nicht, dass sie so reagiert, weil er sie mit einem für ihn ganz banalen Problem konfrontiert hat.

An diesem Punkt höre ich auf meine Gedanken zu Papier zu bringen. Ich setzte mich gleich lieber hinter das Steuerrad meines Wagens und schaue ein wenig Gegend. Es bringt ja eh nichts, wenn ich mich beim Bier mit meinen Landsleuten über solche Themen unterhalte. Manche von Ihnen sind voreingenommen, haben ihr Gehirn in Deutschland gelassen oder spätestens bei der Einreise beim Zoll deponiert und sind im Laufe der Zeit ähnlich wie viele Thais geworden, denen man leider das konstruktive Denken nicht gelernt hat.
Es ist nicht schwer zu wissen wie man etwas macht,
aber es ist schwer es auch zu tun!

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