Ernährung
Stinkfrucht erregt keinen Ekel mehr
Sie stinkt nach Urin und faulen Eiern und gilt unter Einheimischen als Inbegriff des Hochgenusses: die Durian-Frucht. Jetzt hat ein thailändischer Forscher ihren Gestank weggezüchtet – um sie auch in westlichen Ländern salonfähig zu machen. Nur das Militär sieht in dem Gestank noch einen Nutzen.
Im Auftrag der Regierung hat der Botaniker Songpol Somri insgesamt 90 Sorten aus ganz Südost-Asien gekreuzt. Dreißig Jahre lang hat sich Somri mit dem Obst beschäftigt, sagte der Forscher der „New York Times“: Heraus kam ein melonengroßes Stachelobst, das einen mild-süßlichen Geruch verströmt. „Die neue Durian duftet jetzt wie eine Banane“, sagt Somri. Der neuen Sorte gab er den Namen „Chantaburi Number One“, nach seiner Heimat Provinz in der Nähe der Grenze zu Kambodscha. Ob die Frucht trotz der ausgiebigen Zuchtstrapazen ihren besonderen Geschmack behalten hat, ist nicht überliefert.
Thailand ist der größte Produzent der Durian-Frucht – fast 800.000 Tonnen im Jahr wachsen dort. Ihr Wert: 45 Millionen Dollar. Obwohl die Durian unter Asiaten so gern gegessen wird, ist ihr Geruch im Alltag bestenfalls geduldet: „Die meisten Thailänder verabscheuen ihren Geruch genauso wie die Europäer“, sagte Somri. Die Frucht wird bis zu 40 Zentimeter groß und hat eine stachelige Haut. Um auch die Stacheln verschwinden zu lassen, will Somri will die DNA entschlüsseln. In Singapur verbieten nicht ohne Grund Schilder die Mitnahme der stacheligen Frucht in der U-Bahn. Auch in vielen Hotels ist das Obst verboten. Nur das Militär sieht in dem Gestank bisher noch einen Nutzen: Gerüchten zufolge bemühte sich die Thailändische Armee, aus dem Geruch eine Stinkbombe herzustellen.
Die Regierung wollte den Geruch offenbar als Waffe gegen zivile Unruhen und Massenversammlungen einsetzen. Auch der malaysische Händler Chang Peik Seng bevorzugt die Frucht als Stinkbombe: „Die Durian muss streng riechen. Ohne Gestank ist sie nur ein Drittel soviel wert.“
Die Welt 18. Juli 2007