Kurze Hosen in der City. Dieser Tread, von Jogi eröffnet, scheint sich hier im Forum zum Dauerbrenner entwickelt zu haben. „Jeder nach seiner Fasson,“ dieser, dem alten Fritz zugeschriebne Ausspruch, der sich auf die Religion bezogen haben soll, mag auch für die Farang in Thailand gelten. Jeder darf sich kleiden, wie er es will.
Doch bei aller Freizügigkeit in der Kleiderordnung sollte man auch öfters einmal an den folgenden Spruch denken. „Kleider machen Leute.“ Dieser Spruch trifft ohne weiteres auch auf thailändische Verhältnisse zu.
Die Kleidung ist in dem ausgeprägt hierarchischen Thailand auch heute noch das wichtigste Identifikationsmerkmal welcher sozialen Schicht ein Mensch zuzuordnen ist. Mit anderen Worten, mit welcher Achtung er zu behandeln ist. Ob man in Thailand lebt oder ob man sich als Tourist hier aufhält, jeder wird so angesehen und vielfach so behandelt, wie er gekleidet ist
Wer jedoch in Thailand wegen der hohen Temperatur in kurzer Hose und Muskel - Shirt oder mit bunten Bahamas Hemden oder Hosen herum laufen will, der kann es ruhig tun. Die Thais werden auch ihn mit ausgesuchter und brillant gespielter Höflichkeit behandeln und sich innerlich köstlich amüsieren. Doch ja, Thais lachen gerne über Comic- und Witzblattfiguren.
In Thailand ist auffällig, dass nicht nur Bedienstete des Regierungsapparates stets adrett in Uniformen gekleidet sind, sondern auch alle Schulkinder, Pförtner, Wachleute, Verkaufs- und Buspersonal, ja selbst Mitarbeiter von Industriebetrieben, eine gepflegte Uniform oder uniformähnliche Kleidung tragen.
Eine Uniform ist in Thailand das Statussymbol schlecht hin. Selbstverständlich auch der Anzug, bzw. eine lange Hose mit Bügelfalten und ein sauberes Oberhemd und nicht selten tragen Frauen ein hübsches Kleid oder gar ein Kostüm. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Handwerker und Bauern auf dem Land tragen selbstverständlich ihre Arbeitskleidung.
Ausgenommen bei jüngeren Menschen lockert sich diese Kleiderordnung, zumindest bei der Freizeitkleidung. Knielange Hosen und bunte Hemden sind durchaus gang und gäbe. Auch sieht man immer mehr junge Frauen und Mädchen, die kurze und enge Shorts tragen, eine Mode, die vor wenigen Jahren noch unmöglich war. Doch immer sind die jungen und jung gebliebenen Modebewussten absolut sauber angezogen. Backpacker in ungepflegter Kleidung habe ich unter den Einheimischen noch nicht entdeckt.
In Thailand soll es sogar ein Gesetz geben, dass allen Frauen vorschreibt in der Öffentlichkeit einen BH zu tragen. Meine Frau kann das zwar nicht bestätigen, doch in der Tat habe ich in Thailand noch keine Frau gesehen, die sich ohne BH unter der Bluse auf die Straße gewagt hätte. Vielleicht tragen die Damen der Schöpfung dieses Kleidungsstück aber auch sehr gerne, weil es meistens dick gepolstert ist und mehr vortäuscht, als darin versteckt ist.
Lediglich die Menschen der einkommensschwachen Schichten sind relativ schlecht gekleidet. Was sie tragen, sind oft die einzigen Kleidungsstücke, die sie haben. Entsprechend ist ihr soziales Ansehen. Doch auch sie legen meistens Wert auf Sauberkeit. Gewaschen wird dann am späten Abend und da die leichte Kleidung in Thailand meistens über Nacht trocknet, kann sie am nächsten Morgen schon wieder getragen werden.
Touristen werden von dieser Kleiderordnung weniger tangiert. Ausgenommen beim Besuch eines Klosters, Königpalastes o.ä., wo eine angepasste Kleidung zwingend erforderlich ist, haben sie keine spürbaren Repressalien oder Verbote zu befürchten.
Etwas anders ist dieser Sachverhalt bei den hier lebenden Ausländern, sogar gravierend bei den Ausländern, die mit einer Tochter des Landes verheiratet sind. Deren Frauen, soweit sie auch nur etwas die Spielregeln beherrschen, halten ihren ausländischen Ehemann strikt davon ab, wie ein Zigeuner herumzulaufen. Er ist ihr Aushängeschild, auf den sie stolz sein will. Deshalb tut er gut daran, außerhalb der Wohnung immer standesgemäß gekleidet zu sein.
Vor allen Dingen bei Einladungen von einer Thaifamilie ist für ihn kein Besuch ohne dezente lange Hose und sauberem Hemd denkbar. Hält er sich nicht an diese Regel, droht nicht nur ihm, sondern auch seiner Frau ein Gesichtsverlust. Eventuell schützt er sich aber mit seiner unangebrachten Kleidung vor weiteren Einladungen.
Beispielsweise achtet meine Frau sehr genau darauf, was ich außer Haus anziehe. Kurze Turnhosen, die ich im Haus trage, darf ich nicht zu einem Stadtbesuch anziehen, doch gegen knielange Leinenhosen hat sie keine Einwendungen. Auch gegen T – Shirts erhebt sie Protest, denn sie will einen ordentlichen Farang haben. Niemand soll sagen können, sie hätte einen schlampigen Ausländer geheiratet, dem sie keine Manieren beibringen kann.
Die Kleidung spielt also in Thailand eine große Rolle, zumal für den Ausländer, der in der Bevölkerung auf Grund seines Geldes ein hohes Ansehen genießt. Wie sich so ein hoch gestellter Mensch, der zudem noch nicht einmal arbeiten braucht, respektlos kleiden kann, ist für die meisten Thais völlig unverständlich.
Ein kleines Beispiel. Kürzlich musste ich in Korat zur Immigration. Die Beamtinnen und Beamten dort sind jederzeit sauber und adrett gekleidet und tragen sogar schwarze, blank gewienerte Schuhe. Das wartende Publikum dagegen ist durchweg kunterbunt angezogen, teilweise sogar in grellfarbigen Buschhemden und kurzen Hosen gekleidet. An diesem Tag warten hier sogar einige Herren mit einem Sechstagebart im Gesicht.
Ich setze mich hin und stelle mich auf eine längere Wartezeit ein. Nach wenigen Minuten ist einer der Beamten mit der Bearbeitung eines Antrags fertig. Scheinbar ohne Grund wandert sein Blick über das wartende Publikum und bleibt an meinem Gesicht hängen. Dann lächelt er mir zu, winkt mich zu sich und lässt sich meine Papiere vorlegen.
Er zieht mich vor. Die schon viel länger wartenden Farang sind darob natürlich nicht erfreut. Ich auch nicht. Doch soll ich dem Beamten widersprechen und ihn bloß stellen? Bei meinem nächsten Besuch werde ich wieder in langer Hose erscheinen und ein frisches Oberhemd tragen, dazu vielleicht sogar Socken und feste Schuhe statt meiner geliebten Sandalen aus denen die Zehen hervorschauen.
Wenn auch ein Farang in den sozial hochgestellten Familien des Bürgertums, bei den Behörden und von den Politikern, als nicht auf gleicher Stufe stehend angesehen wird, so genießt er in der breiten Bevölkerung umso mehr Ansehen und erweckt Neugierde. Diese Menschen interessieren sich für ihn.
Oft wird meine Frau sogar gefragt, woher ich komme. „Jööraman“ antwortet mein Schatz dann stolz und strahlt mich dabei an. Mai, wende ich dann ein, tschan Korat, tschan khrüng Thai. Das heißt soviel wie, ich komme aus Korat, ich bin ein halber Thai und alle Leute lachen freundlich über diesen Scherz.
Jööraman, das scheint mir manchmal ein Zauberwort zu sein. Wird meine Frau nach meiner Herkunft gefragt und sie sagt Jööraman, geht oft ein beifälliges Lächeln über die Gesichter der Fragenden und die Leute sagen gar nicht selten „Jööraman guut.“
Kurzum, ich muss unserem Jogi insoweit zustimmen, dass die Kleidung das Erscheinungsbild des Farang wesentlich prägt und das Selbstbewusstsein seiner thailändischen Frau negativ oder positiv beeinflusst.
Doch wie Eingangs bereits geschrieben, jeder nach seiner Fasson.
Werner