Parlamentswahlen in Thailand

Für alles Wichtige aus dem Isaan und auch ein bisschen weiter weg. Was beim Isaan-Tourismus, dem Reisen in der Region von Bedeutung sein könnte, oder was die Gemüter der Expats erregt. Politik, Kultur, Wirtschaft etc.
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Parlamentswahlen in Thailand

Ungelesener Beitragvon KoratCat » Di Mai 09, 2023 7:22 pm

Am kommenden Sonntag finden in Thailand Wahlen statt, bei denen die Abgeordneten für das Repräsentantenhaus gewählt werden. Für alle Interessierten hier ein paar Informationen dazu.

Gewählt werden 500 Abgeordnete - 400 Abgeordnete aus den Wahlkreisen und 100 aus dem Parteienlistensystem.

Jeder Wähler erhält zwei Stimmzettel - einen zur Wahl eines Kandidaten aus dem Wahlkreis und einen zur Wahl einer politischen Partei.

Anhand der Stimmen der politischen Parteien wird errechnet, wie viele der hundert Abgeordneten aus den Parteilisten jede Partei erhält.

Wenn zum Beispiel 40 Millionen Menschen wählen, müssen die Parteien mindestens 400.000 Stimmen erhalten, um einen Sitz auf der Parteiliste zu bekommen (40 Millionen geteilt durch 100).

Es gibt 52.287.045 Wahlberechtigte.

Jeder Abgeordnete sollte durchschnittlich 162.766 Einwohner vertreten.

Aufgrund seiner Einwohnerzahl von 5,4 Millionen hat Bangkok 33 Sitze im Parlament. Nakhon Ratchasima hat 16 Wahlkreise. Der Isaan stellt ein Drittel aller Wahlkreisabgeordneten.

Sobald alle Abgeordneten gewählt sind, wählen das Repräsentantenhaus und der Senat gemeinsam einen Premierminister. Der Senat wurde vor den Parlamentswahlen 2019 vom Nationalen Rat für Frieden und Ordnung ernannt und besteht aus 250 Mitgliedern.

Das bedeutet, dass ein erfolgreicher Kandidat für das Amt des Premierministers mindestens 376 Stimmen in der gemeinsamen Sitzung des Parlaments erhalten muss. Bei der letzten Wahl stimmten alle 250 Mitglieder des Senats dafür, dass Prayut Premierminister bleibt.

Diese Wahl wird wahrscheinlich das letzte Mal sein, dass der Senat bei der Wahl des Premierministers stimmberechtigt ist, da es sich hierbei nur um eine vorübergehende Bestimmung der Verfassung von 2017 handelt.

Es ist verboten, die Ergebnisse von Meinungsumfragen in den sieben Tagen bis zum Ende der Abstimmung am Wahltag zu veröffentlichen.

Quellen:
https://www.thaipbsworld.com/10-things- ... -election/
https://asia.nikkei.com/Politics/Thai-e ... ay-14-vote
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Re: Parlamentswahlen in Thailand

Ungelesener Beitragvon KoratCat » Mo Mai 15, 2023 10:52 am

Die Wahl ist gelaufen; jetzt wird gezählt, wer vorne liegt. Momentan scheint das mit dem Namen der Partei überein zu stimmen: die "Move Forward Party" liegt laut Bangkok Post von 9:47 Uhr vorne. Pheu Thai folgt. Das war vor der Wahl ja auch erwartet worden.
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Re: Parlamentswahlen in Thailand

Ungelesener Beitragvon KoratCat » Di Mai 16, 2023 5:14 pm

Die Ergebnisse stehen da auf der englischen Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/2023_Thai ... l_election

Eine absolute Mehrheit hat keine Partei. Jetzt geht also die Hängepartie mit Koalitionsverhandlungen los. Ausser "Move Forward" und Pheu Thai" gibt es keine zwei Parteien, die zusammen die 251 Sitze haben, die zur Regierungsbildung nötig sind.

"Nach der Wahl" ist in Thailand häufig "vor dem Putsch". Hoffen wir, dass es diesmal anders sein wird.
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Re: Parlamentswahlen in Thailand

Ungelesener Beitragvon KoratCat » Mi Jun 28, 2023 6:44 pm

Tja, es sieht nicht so aus, als könnte mit dem Wahlergebnis eine Regierung gebildet werden. Die Kapital- und Devisenmärkte reagieren schon: der Baht ist auf Talfahrt.
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Re: Parlamentswahlen in Thailand

Ungelesener Beitragvon KoratCat » Do Jul 13, 2023 9:03 pm

Thailands Parlament verwehrt Wahlsieger Pita Amt des Regierungschefs

Der Reformer Pita Limjaroenrat ist bei der Wahl zum neuen thailändischen Regierungschef im ersten Wahlgang gescheitert. Im Parlament hat das Militär noch immer Einfluss.

pita.jpg
Pita Limjaroenrat gewann mit seiner MFP die Parlamentswahl im Mai deutlich. © Sirachai Arunrugstichai/​Getty Images
pita.jpg (161.52 KiB) 5901 mal betrachtet


Bei der Wahl des neuen Ministerpräsidenten in Thailand hat der prodemokratische Spitzenkandidat Pita Limjaroenrat die einfache Mehrheit im Parlament klar verpasst. Der 42-Jährige von der progressiven Oppositionspartei Move Forward Party bekam 324 Stimmen von insgesamt 749. Für eine einfache Mehrheit wären 375 Stimmen nötig gewesen. Normalerweise hat das Parlament im Königreich 750 Sitze, ein Senator war jedoch kurz vor dem Votum zurückgetreten. Pita war der einzige Kandidat.

Voraussetzung für die Wahl zum Premier ist seit einer Verfassungsänderung von 2014 die Unterstützung einer kombinierten Mehrheit des gewählten Repräsentantenhauses (500 Mitglieder) und des vom Militär handverlesenen Senats (250 Mitglieder), der die traditionell konservative Herrschaftselite des Landes repräsentiert. Nicht mit der Armee verbundene Kandidaten haben es seither schwer, ins Amt zu kommen. Es war bis zuletzt unklar, wie viele Senatoren Pita ihre Stimme geben würden.

Der Abstimmung vorausgegangen war eine sechsstündige Debatte, in deren Zentrum vor allem das Vorhaben der Move Forward Party stand, das kontroverse Lèse-Majesté-Gesetz zu ändern: Das Gesetz sieht lange Haftstrafen wegen Majestätsbeleidigung vor, immer wieder kommt es zu Festnahmen auch sehr junger Thailänder. Dagegen gibt es in der Bevölkerung schon lange Proteste. Viele konservative Politiker wollen aber an dem Gesetz festhalten – und verweigerten Pita deshalb ihre Stimme.

"Wofür halten wir dann überhaupt Wahlen ab?"

Im Zuge der Debatte versuchte Pita ein weiteres Mal, möglichst viele Abgeordnete von sich zu überzeugen. "Dies ist keine Stimme für mich oder für den Ministerpräsidenten Thailands, sondern eine historische Chance, in Thailand zur Normalität zurückzukehren", sagte er. Der Move-Forward-Generalsekretär, Chaithawat Tulathon, sagte: "Millionen von Wählern fragen sich: Wenn wir nicht den Regierungschef und die Regierung bekommen, für die eine Mehrheit gestimmt hat – wofür halten wir dann überhaupt Wahlen ab?"

Vor dem Parlament hatten sich zahlreiche Anhänger der Opposition versammelt, die die Abstimmung verfolgten. Die Polizei richtete eine Protestverbotszone rund um das Gebäude ein.

Zweiter Wahlgang in der kommenden Woche

Kommenden Mittwoch soll nun erneut abgestimmt werden. Dabei könnte Medien zufolge auch ein anderer Kandidat als Pita nominiert werden – oder Pita wird erneut aufgestellt, müsste aber Beobachterinnen zufolge seinen Gegnern Zugeständnisse machen.

Pitas reformorientierte MFP hatte die Parlamentswahl Mitte Mai deutlich gewonnen – unter anderem mit dem klaren Versprechen, das strenge Strafrecht zur Ahndung von Majestätsbeleidigung zu reformieren. Im Abgeordnetenhaus belegt die MFP 151 von 500 Sitzen.

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass Pita seine Parlamentsmitgliedschaft verlieren könnte. Die Wahlkommission gab formal der Bitte statt, beim Verfassungsgericht seine sofortige Suspendierung anzufragen. Hintergrund sind Ermittlungen über angebliche Aktienanteile an einem Medienunternehmen, die er während seiner Kandidatur besessen haben soll – was in Thailand Teilnehmern an einer Wahl verboten ist.

https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... -parlament
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Re: Parlamentswahlen in Thailand

Ungelesener Beitragvon KoratCat » Do Jul 20, 2023 8:02 pm

Politdrama in Thailand:

»In ihren Augen sind wir, das thailändische Volk, ihre Sklaven«

Der klare Wahlsieger Pita darf nicht Premier werden – weil die thailändischen Eliten ihn verhindern. Wer soll das Land nun regieren? Wie reagiert das Volk? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

»Ich bin sehr, sehr verletzt. Sie haben das schon so oft gemacht. In ihren Augen sind wir, das thailändische Volk, Sklaven. Wir sind ihre Sklaven.«

»Wir sollten alles tun, was wir können, um sie wissen zu lassen: Wir erlauben euch das nicht mehr. Wir lassen euch das nicht mehr durchgehen.«

Sarans Stimme bricht fast, als er diese Sätze sagt, seine Brille beschlägt. Tränen der Wut, die Schamlosigkeit beschreibend, die sich in diesen Tagen in der thailändischen Politik abspielt. Er hockt auf einer Stufe des Democracy Monuments in Bangkok, am Mittwochabend, dem Tag, an dem klar ist: Pita Limjaroenrat, der Mann, der im Mai die Wahl in Thailand mit großer Mehrheit gewonnen hat, ein progressiver Reformer, die Hoffnung vor allem von vielen jungen Menschen, wird nicht Premierminister werden.

»Sie«, damit meint Saran, 60 Jahre, ein Architekturprofessor, der bald in Rente gehen will: die Konservativen des Landes, das Militär, all die, die so oft als Elite bezeichnet werden. Dabei ist eher gemeint: die Anhänger der Monarchie. Für Saran sind »sie«: die Blockierer des Volkswillens, die Verhinderer der Demokratie.

Saran ist, wie ein paar Hundert andere, an diesem Abend gekommen, um dagegen zu demonstrieren. Einige haben vor dem Denkmal ein Laken aufgehängt, auf dem steht: »Pita, Konsens der Bevölkerung«.

Aber dieser Pita, noch vor Kurzem in Zeitungen als der künftige »Obama Südostasiens« beschrieben, ist nur mehr eine Hoffnung von gestern. Es kursiert ein neuer Name als Favorit auf den Chefposten: Srettha Thavisin, Immobilienmillionär, aus der Pheu-Thai-Partei. Einer anderen Oppositionspartei, die bei der Wahl im Mai die zweitmeisten Stimmen erhielt. Und weiterhin ist nicht ausgeschlossen, dass am Ende jemand aus dem konservativen Lager den Premier stellt – das die Wählerinnen und Wähler eigentlich klar abgewählt hatten.

Aber von vorn.

Wahldrama: Was ist in Thailand los?

Im Mai hatte die oppositionelle Partei Move Forward mit ihrem Spitzenkandidaten Pita Limjaroenrat, 42, die Parlamentswahlen gewonnen, ein Erfolg, mit dem nur die wenigsten Umfragen in dieser Deutlichkeit gerechnet hatten. Es war eine Abstimmung für Erneuerung, für Wandel, ein Zeichen, dass die Bevölkerung etwas anderes will als die immer gleichen Herren der Militärregierung, die seit einem Putsch vor fast einem Jahrzehnt das Land führen. Konservative Parteien waren nun auf Plätzen weit abgeschlagen gelandet.

Pita und seine Partei sprechen sich deutlich für Reformen von Militär und Monarchie aus, für eine Umverteilung von Macht, ihr Wahlprogramm war ungewöhnlich klar formuliert; unter anderem ging es dabei um den Artikel 112, den Majestätsbeleidigungs-Paragrafen, mit dem jede missliebige Äußerung gegen die Monarchie mit langen Haftstrafen verfolgt werden kann – und wird: Hunderte Kritiker sind in den vergangenen Jahren so mit Gerichtsprozessen und Haftstrafen stillgelegt worden.

Move Forward ist den Mächtigen im Land gefährlich geworden. Von Anfang an war fraglich gewesen, ob die Reformpartei ihren Wahlsieg in eine Regierung würde übersetzen können. Die große Hürde ist das Parlament selbst: Es besteht – seit die Armee nach ihrem Putsch die Verfassung umgeschrieben hatte – zu einem Drittel aus nicht gewählten, vom Militär berufenen Senatoren. Und die versagten Pita in zwei Anläufen nun fast geschlossen die Unterstützung. Ein drittes Mal darf Pita nicht antreten.

Doch bereits kurz vor dem Votum – mitten in der laufenden Parlamentsdebatte – war Pita vorläufig durch das Verfassungsgericht als Abgeordneter suspendiert worden. Wegen angeblicher Aktienanteile an einem Medienunternehmen, die er während seiner Kandidatur besessen haben soll. Ein Vorwurf, den viele als Vorwand bewerteten: um den Wahlsieger zu diskreditieren.

Als die Suspendierung bekannt wurde, entfernte Pita das Abgeordnetenschildchen von seinem Sakko. Ehe er unter Beifall seiner Unterstützer das Parlament verließ, sagte er: »Ich denke, dass Thailand sich verändert hat und seit dem 14. Mai nicht mehr dasselbe ist. Das Volk hat die Hälfte des Sieges erreicht; es ist noch eine weitere Hälfte zu gehen.« Ob er damit Recht behält, ob das Volk seinen Willen bekommt, ist spätestens seit diesem Mittwoch mehr als fraglich geworden. Move Forward könnte am Ende in der Opposition landen.

Wer wird Premierminister?

In der kommenden Woche soll erneut über einen künftigen Premierminister oder eine Premierministerin abgestimmt werden. Den aussichtsreichsten Kandidaten ins Rennen schicken wird nun höchstwahrscheinlich Pheu Thai. Die ebenfalls oppositionelle Partei landete bei der Wahl auf Platz zwei; sie ist die jüngste Wiederauferstehung der Thaksin-Partei. Thaksin Shinawatra, ehemaliger Premier, lebt seit Langem im Exil. Auch er ist der Monarchie traditionell ein Dorn im Auge, aber vor allem bei Menschen in den ländlichen Regionen im Nordosten des Landes beliebt.

Der Kandidat der Pheu Thai hieße wohl Srettha Thavisin, ein 60-jähriger Immobilienmogul mit eher geringer politischer Expertise, dessen Nominierung jedoch gern gesehen wäre bei Investoren. Thailand befindet sich seit der Pandemie in einer wirtschaftlichen Krise. In der »Bangkok Post« ließ Srettha sich mit dem Satz zitieren: »Ich bin bereit Premierminister zu sein.«



Um eine lange politische Hängepartie zu vermeiden und die Unterstützung von Militärsenat und Konservativen zu erhalten, könnte Pheu Thai eine Koalition bilden, allerdings ohne den eigentlichen Wahlsieger Move Forward. Es ist in der aktuellen Lage außerdem weiter möglich, dass ein Mann aus dem konservativen Establishment Premier wird. Etwa General Prawit Wongsuwan, 77, stellvertretender Premierminister in der bisherigen Regierung.

Wie geht es weiter?

Einige würden auch einen Premierminister Srettha als einen Schritt hin zu einem demokratischeren Thailand bewerten. Nicht aber, wenn dies bedeutet, dass der Wahlsieger Move Forward gar nicht in der künftigen Regierung säße. Es würde, wie es in Thailand bereits so oft geschehen ist, Millionen Menschen endgültig ihrer Stimme berauben.

Im Jahr 2020 sah Thailand die letzten großen Proteste. Jetzt sind wieder die Rufe auf den Straßen zu hören: »Respektiert unsere Stimme!« Ein paar Hundert sind es bisher, die sich versammeln, die Plakate halten und in Mikros schreien. Bislang wirken die Proteste in Bangkok eher verhalten, fast erschöpft. Wie groß sie noch werden, wird davon abhängen, wer Premierminister wird. Am Donnerstag haben Studierende der Universitäten Thammasat und Chulalongkorn in einem Schreiben dazu aufgerufen, »aufzustehen und mit allen Mitteln für die Demokratie zu kämpfen«.

Spiegel online
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Re: Parlamentswahlen in Thailand

Ungelesener Beitragvon dogmai » Do Jul 20, 2023 10:07 pm

Thailand war keine Demokratie, ist keine Demokratie und wird nie eine Demokratie werden.
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Re: Parlamentswahlen in Thailand

Ungelesener Beitragvon KoratCat » So Jul 23, 2023 6:58 pm

Pheu Thai erneut aufgefordert: Move Forward aus der Koalition werfen

Der Vorsitzende der Chartthaipattana-Partei hat der Pheu Thai-Partei (PTP), die bei der Bildung der nächsten Regierung federführend ist, am Sonntag mitgeteilt, dass sie nicht für einen Premierministerkandidaten der Pheu Thai-Partei stimmen wird, wenn in der Koalition eine Partei vertreten ist, die eine Änderung des Gesetzes über Majestätsbeleidigung anstrebt.

Der Vorsitzende der Chartthaipattana-Partei, Varawut Silpa-archa, teilte den Standpunkt seiner Partei auf einer Pressekonferenz mit, nachdem er sich am Sonntag im PTP-Hauptquartier mit führenden Vertretern der Pheu Thai getroffen hatte. Er bezog sich dabei offenbar auf die bei den Wahlen siegreiche Move Forward Party (MFP), die sich für eine Änderung des Gesetzes über Majestätsbeleidigung (Abschnitt 112 des Strafgesetzbuches) stark gemacht hat.

Die MFP hat bei den Parlamentswahlen am 14. Mai 151 Sitze im Repräsentantenhaus gewonnen. Sie schloss sich mit der Pheu Thai, die mit 141 Sitzen im Repräsentantenhaus den zweiten Platz belegte, und sechs weiteren Parteien zusammen, um die Bildung der nächsten Regierung zu versuchen. Ihre Koalition erhielt 312 der 500 Sitze im Parlament.

Move Forward schaffte es jedoch nicht, die Mehrheit der gewählten Abgeordnetenkammer und des vom Militär ernannten Senats für den einzigen Premierministerkandidaten und Vorsitzenden Pita Limjaroenrat zu gewinnen. Die MFP hat kürzlich beschlossen, der Pheu Thai die Nominierung ihres Premierministerkandidaten zu überlassen und die Führung bei der Bildung der nächsten Regierung zu übernehmen.

Die Pheu Thai hat die Bildung einer Regierung mit Parteien außerhalb ihres Acht-Parteien-Bündnisses erörtert und sich mit den Parteien Bhumjaithai, United Thai Nation und Chartpattanakla getroffen. Bhumjaithai und United Thai Nation haben darauf bestanden, dass sie die Regierungsbildung der Pheu Thai nicht unterstützen werden, wenn die MFP an der Koalition beteiligt ist.

Pheu Thai führte daraufhin am Sonntag Gespräche mit Chartthaipattana, die 10 Sitze im Repräsentantenhaus hält.

Nach dem Treffen erklärte Varawut, seine Partei werde für einen Premierministerkandidaten der Pheu Thai stimmen, solange keine Partei in ihrem Bündnis eine Änderung des Gesetzes über die Majestätsbeleidigung anstrebe.

"Wenn irgendeine politische Partei die gleiche Auffassung wie Chartthaipattana vertritt, nämlich das Gesetz gegen Majestätsbeleidigung intakt zu lassen und eine positive Einstellung und Respekt gegenüber der (königlichen) Institution zu haben, dann können wir zusammenarbeiten. Wenn es eine politische Partei gibt, die einen anderen Standpunkt vertritt, werden wir getrennt arbeiten", sagte Herr Varawut.

"Wenn Pheu Thai eine ähnliche Richtung wie Chartthaipattana in Bezug auf die Institution und den Paragraphen 112 hat und wenn es einen Premierministerkandidaten von Pheu Thai gibt, werden wir, Chartthaipattana, bereit sein, ihn zu unterstützen. Aber Pheu Thai darf keine Partei haben, die ein anderes Konzept als wir hat," sagte Herr Varawut.

Bei der gleichen Gelegenheit sagte Pheu Thai-Führer Cholnan Srikaew, dass die Acht-Parteien-Koalition Pheu Thai beauftragt habe, mit anderen politischen Parteien Unterstützung für die Regierungsbildung zu sammeln, und dass sie deren Meinungen einholen werde.

Dr. Cholnan bestritt, dass die Pheu Thai andere Parteien außerhalb ihres Bündnisses zum Beitritt zu ihrer Koalition einlädt und die MFP aus dem Bündnis ausschließen würde, wodurch die Wahlsiegerpartei in die Opposition geschickt würde.

Bangkok Post
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Re: Parlamentswahlen in Thailand

Ungelesener Beitragvon KoratCat » Do Jul 27, 2023 6:30 pm

"Dieses Verhalten ist vollkommen inakzeptabel"

Thailand hat gewählt, doch der Wahlsieger darf nicht regieren. Die Machthaber in Bangkok nehmen mit ihrer Blockadehaltung eine schwere Staatskrise in Kauf.

Die Enttäuschten stehen gemeinsam im Regen von Bangkok. Sie tragen bunte Ponchos aus dünnen Plastikfolien und Banner mit Slogans wie "Wozu wählen wir überhaupt?". Es ist Sonntagabend in der thailändischen Hauptstadt. Rund 1.000 Demonstrierende blockieren über mehrere Stunden einen Teil einer zentralen Verkehrsader. Sie sehen Thailands Demokratie in einer schweren Krise – spätestens, seitdem die Machthaber klargemacht haben, dass der Gewinner der jüngsten Parlamentswahl keine Regierung bilden darf.

Der prominente Aktivist Tanat Thanakitamnuay ist einer derjenigen, die dem Protestaufruf gefolgt sind. Der 31-Jährige hat im Mai die progressive Reformpartei Move Forward gewählt, die überraschenderweise zur stärksten Kraft wurde. Doch die vom Militär gestützte Regierung und ihre Verbündeten setzten seither alles daran, um die Machtübergabe an sie zu verhindern. "Dieses Verhalten ist vollkommen inakzeptabel", sagt Tanat. "Wir können nicht hinnehmen, dass der Wählerwillen dermaßen missachtet wird."

Der Mann im Zentrum des Streits ist bei der Kundgebung auf einer Reihe von Plakaten zu sehen. "Pita, Pita, Pita", rufen Aktivistinnen und Aktivisten seinen Namen über die achtspurige Straße. Pita Limjaroenrat, ein 41 Jahre alter früherer Start-up-Manager, ist der Anführer von Move Forward. Seinen Unterstützern verspricht der charismatische Politiker, dass er das Militär, das seit dem Putsch im Jahr 2014 die thailändische Politik dominiert, wieder in die Kasernen verweisen wird.

Zudem will Move Forward die mächtigen Monopole in Thailands Wirtschaft zu mehr Wettbewerb zwingen – und das strikte Majestätsbeleidigungsgesetz lockern, das regelmäßig gegen Aktivistinnen zum Einsatz kommt. Doch mit den ambitionierten Reformplänen hat sich Pita im bislang herrschenden Establishment viele Feinde gemacht. Der harte Widerstand, der ihm entgegenschlägt, stellt Thailand an den Rand der Unregierbarkeit – und vor eine Staatskrise, die das südostasiatische Urlaubsland noch lange belasten könnte.

Die Gründe für diese Zerreißprobe stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Militärputsch vor fast einem Jahrzehnt. Dessen Anführer, General Prayuth Chan-o-cha, der als geschäftsführender Regierungschef immer noch im Amt ist, verstand sich zu Beginn als absolutistischer Herrscher, der weder auf Parlamentarier noch auf Gerichte hören wollte – und schon gar nicht auf das Volk. Um international jedoch nicht weiter ins Abseits zu geraten, willigte er nach einigen Jahren an der Macht ein, wieder Wahlen abzuhalten. Vorher aber verordnete er Thailand eine neue Verfassung – mit dem Ziel, Einfluss für den Militärapparat zu erhalten, unabhängig davon, wie die Abstimmungen ausgehen.

Senatoren verweigerten Pita die Zustimmung

Eine der zentralen Regeln, die damals ausgearbeitet wurden, stellt nun für Reformer Pita eine offenbar unüberwindbare Hürde dar: Sie sieht vor, dass nicht nur das Abgeordnetenhaus mit seinen 500 Mitgliedern über den neuen Regierungschef bestimmt – dort hätte Pita mit seiner Acht-Parteien-Koalition eine komfortable Mehrheit. Stattdessen sind laut der neuen Verfassung auch 250 Senatoren stimmberechtigt – allesamt handverlesen vom Militär. Sie nutzten ihre Stellung bisher, um den Machtwechsel zu blockieren.

In einem ersten Wahlgang Mitte Juli verweigerten die Senatoren Pita die Zustimmung. Vor einem zweiten Wahlgang eine Woche später setzten sie die umstrittene Rechtsauffassung durch, dass ein einmal abgelehnter Kandidat nicht noch einmal antreten dürfe. Pitas Unterstützer fechten das derzeit gerichtlich an. Doch zumindest vorläufig ist der Aufstieg des populären Regimegegners an einem Ende angekommen. Gegen ihn laufen mehrere Verfahren vor dem als militärnah angesehenen Verfassungsgericht, die ein jahrelanges Politikverbot zur Folge haben könnten.

Absoluter Tabubruch

Im Raum steht unter anderem der Vorwurf, die Pläne zur Änderung des Majestätsbeleidigungsgesetzes seien ein Angriff auf Thailands konstitutionelle Monarchie. Pita und Move Forward weisen dies zurück. Aber bereits, dass die Partei es überhaupt wagt, Reformen rund um das Königshaus anzusprechen, ist für Thailands Erzkonservative ein absoluter Tabubruch. Über Jahrzehnte galt die mächtige Monarchie in Thailand als unantastbar. Das Militär und seine Verbündeten wollen dafür sorgen, dass das so bleibt.

"Thailands demokratisches System scheint in der Hand nicht gewählter Machthaber zu sein, die das Endergebnis nach ihrem Gutdünken gestalten", kommentiert der thailändische Politologe Thitinan Pongsudhirak. "Sie ziehen es vor, den Status quo beizubehalten und grundlegende Reformen zu unterdrücken." Er verweist darauf, dass das Problem in Thailand seit Jahrzehnten besteht: Jedes Mal, wenn ein demokratischer Politiker dem Establishment zu mächtig wurde, gingen Militär und Justiz hart dagegen vor.

"Es scheint, als wäre jedes Mittel recht, um Fortschritt zu verhindern", sagt Aktivist Tanat wenige Tage nach dem Protest vom Wochenende. Der Regen und die nasse Kleidung haben ihn gesundheitlich angeschlagen. Seine Stimme ist heiser. Tanat, der seit Jahren zu den bekanntesten Vertretern von Thailands Protestbewegung zählt, hat aber schon Schlimmeres erlebt. Vor zwei Jahren wurde er bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Regierungsgegnern und Einsatzkräften im Gesicht getroffen – mutmaßlich von einem Gummigeschoss. Seither ist er auf einem Auge blind. Massenproteste sieht Tanat inzwischen skeptisch. "In der Vergangenheit haben sie immer dazu geführt, dass am Ende das Militär eingreift", sagt er. "Das Problem ist aber: Mir fällt kein anderer Weg ein, wie wir diese festgefahrene Lage lösen könnten."

Die politischen Optionen, in Kürze doch noch zu einer Regierung zu kommen, sind beschränkt. Die zweitstärkste Partei Pheu Thai, die ebenfalls im Lager der Demokraten steht, versucht gerade, für einen ihrer Premierministerkandidaten ausreichend Stimmen zu sammeln. Das gestaltet sich als schwierig – auch weil offenbar viele Senatoren unter keinen Umständen einer Regierung ins Amt helfen wollen, in der Pita und seine Partei Move Forward als Koalitionspartner am Kabinettstisch sitzen.

Mögliche Notlösung: aussitzen

Eine mathematische Alternative wäre, dass Pheu Thai mit den Unterstützern des bisherigen Regimes paktiert – und Move Forward in die Opposition schickt. Das wäre aber politisch höchst riskant: Schließlich wünscht sich auch ein Großteil der Pheu-Thai-Wähler einen politischen Neuanfang. Eine Allianz mit den abgewählten Militärparteien oder deren Koalitionspartnern wäre für sie Verrat. Möglich wäre ansonsten noch, dass das vom Militär gestützte Regime mithilfe der Senatoren eine Minderheitenregierung ins Amt hebt. Ohne Mehrheit im Abgeordnetenhaus würde diese aber womöglich bereits am nächsten Staatshaushalt scheitern.

Baldige Klarheit über die politische Zukunft zeichnet sich nicht ab: Eine ursprünglich für diesen Donnerstag geplante erneute Abstimmung über den künftigen Regierungschef wurde am Dienstag auf unbestimmte Zeit verschoben.

Damit rückt zunehmend auch eine mögliche Notlösung für die Pattstellung in den Fokus. Sie lautet: aussitzen. Denn ab Mai 2024 gilt die Regel, wonach der Senat über den Premierminister mitentscheiden darf, nicht mehr. In der Verfassung war diese Vorschrift nur als fünfjährige Übergangsregel vorgesehen. Wenn die Koalition der Demokratiebefürworter also lange genug wartet, könnte sie in zehn Monaten womöglich aus eigener Kraft über die Regierung entscheiden.

Aktivist Tanat hält diesen Weg allerdings für problematisch: "Die inkompetente Regierung, die wir derzeit haben, wird dann noch fast ein Jahr im Amt bleiben", sagt er. "Das kann sich Thailand eigentlich nicht leisten." Mit seinen Gleichgesinnten will er nun über die nächsten Schritte beraten, um Druck auszuüben. "Ich will eigentlich nicht schon wieder einen Massenprotest organisieren müssen", sagt er. "Aber ich kann auch nicht einfach dabei zusehen, wie die Zukunft meiner Heimat verspielt wird."

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Re: Parlamentswahlen in Thailand

Ungelesener Beitragvon KoratCat » Do Aug 03, 2023 4:05 pm

Ministerpräsidentenwahl in Thailand erneut verschoben

In Thailand gibt es noch immer keine neue Regierung. Das Parlament schloss Wahlsieger Pita Limjaroenrat von einer neuen Wahl aus. Nun prüft das Verfassungsgericht.

Zweieinhalb Monate nach der Parlamentswahl in Thailand ist die für Freitag geplante Abstimmung über den neuen Regierungschef erneut verschoben worden. Als Grund gab das thailändische Verfassungsgericht an, dass man die Zulassung des Wahlsiegers Pita Limjaroenrat von der Move Forward Party (MFP) prüfen müsse. Nachdem er bei einem ersten Wahlgang Mitte Juli gescheitert war, verwehrten ihm eine Mehrheit der Parlamentarier bei einer Abstimmung ein erneutes Antreten zur Wahl des Ministerpräsidenten.

Das Verfassungsgericht will nun bis zum 16. August entscheiden, ob die Abstimmung rechtmäßig war, wie aus einer Mitteilung hervorging. Erst danach soll es ein neues Votum geben, kündigte Ministerpräsident Wan Muhamad Noor Matha an.

Hauptgrund für die Abstimmung der Parlamentarier gegen Pita und seine Partei waren dessen Pläne, das extrem strenge Gesetz zur Majestätsbeleidigung zu reformieren. Bislang galt der Artikel 112 als unantastbar. Viele konservative Parlamentarier lehnen eine Regierung, an der die MFP beteiligt ist, wegen ihrer Reformpläne strikt ab.

Jedoch dürfte Pita Limjaroenrat selbst bei einer erneuten Wahl kaum Chance mehr auf das Amt als Ministerpräsident haben, nachdem sich sein wichtigster Bündnispartner, die Partei Pheu Thai, von ihm losgesagt hat. Die Pheu Thai Party will stattdessen ein neues Bündnis mit der Phalang Pracharat bilden, die den amtierenden Ministerpräsidenten Prayut Chan-o-cha und seine Militärjunta unterstützt.

Die Pheu Thai will das umstrittene Gesetz zur Majestätsbeleidigung unverändert lassen, falls sie an die Macht kommt. Die Entscheidung der Partei, sich neue Bündnispartner zu suchen, führte in Bangkok zu Protesten von Anhängern Pitas.

ZEIT online
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